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Der Ginkgobaum, letzter Überlebender einer bis
ins Erdaltertum zurück verfolgbaren, ansonsten ausgestorbenen Pflanzenfamilie,
faszinierte Goethe mit einer entwicklungsgeschichtlich altertümlichen
Anatomie. Durch die Übersendung des untenstehenden, mit Ginkgoblüttern
geschmückten Gedichtes an Marianne von Willemer (1784 - 1860) -
als »Suleika« Objekt, aber auch Koautorin des »West-östlichen Divans«
- begründete Goethe eine eigenartige Tradition. Zur Freude der Juweliere
Weimars pflegen noch heute literarisch gebildete junge Herren die
Damen ihres Herzens mit Ginkgo-Blatt-Broschen zu beschenken. Das
herzförmige Ginkgoblatt eignete sich besonders zur sinnbildlichen
Ausdeutung (Eins und Doppelt). Der Baum, der Goethe 1815 zu diesem
Gedicht, datiert auf den 15. September, inspirierte, stand seiner
Zeit im Schloßpark zu Heidelberg. Der 1795 gepflanzte Ginkgo steht
heute nicht mehr.
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Ginkgo biloba
Dieses Baums Blatt,
der von Osten
Meinem Garten anvertraut,
Giebt geheimen Sinn zu kosten,
Wie's den Wissenden erbaut.
Ist es
Ein lebendig Wesen,
Das sich in sich selbst getrennt,
Sind es zwey die sich erlesen,
Daß man sie als Eines kennt?
Solche Fragen zu erwiedern
Fand ich wohl den rechten Sinn,
Fühlst Du nicht an meinen Liedern,
Daß ich Eins und doppelt bin?
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